Rollstuhlgerechte Umbaumaßnahmen im Garten führen nicht zu außergewöhnlichen Belastungen
Umbauarbeiten müssen für Anspruch auf Erstattung existenznotwendigen Wohnbedarf betreffen
Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass Aufwendungen für die Anlage eines rollstuhlgerechten Weges im Garten eines Einfamilienhauses nicht zwangsläufig sind, wenn sich auf der anderen Seite des Hauses eine Terrasse befindet, die mit dem Rollstuhl erreichbar ist.
Die Kläger des zugrunde liegenden Falls sind Eheleute, die ein in ihrem Eigentum stehendes Einfamilienhaus mit Garten bewohnen. Die Klägerin leidet an einem Post-Polio-Syndrom, weswegen für sie ein Grad der Behinderung von 70 mit den Merkzeichen G und aG festgestellt wurde. Auf der Rückseite des Einfamilienhauses befindet sich eine Terrasse, die mit einem Rollstuhl erreicht werden kann. Auf der Vorderseite befanden sich ursprünglich Beete, auf denen die Klägerin Beerensträucher und Kräuter angebaut hatte und die lediglich durch einen schmalen Fußweg zu erreichen waren.
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https://www.justiz.nrw.de/nrwe/fgs/muenster/j2020/7_K_2740_18_E_Urteil_20200115.html
Kein Kostenzuschuss der Pflegeversicherung für Treppenlift in den Keller
Anspruch auf Kostenübernahme besteht nur bei Verbesserung des individuellen Wohnumfelds
Ein Anspruch gegen die private Pflegeversicherung auf einen Kostenzuschuss für einen Treppenlift besteht nicht, wenn damit nicht das individuelle Wohnumfeld verbessert wird. Dies entschied das Sozialgericht Osnabrück.
Die 1946 geborene Klägerin des zugrunde liegenden Falls bewohnt ein Einfamilienhaus. Sie ist wegen einer Schädigung des Rückenmarks (sogenannte Myelopathie) bei zervikaler Spinalkanalstenose stark bewegungseingeschränkt. Darüber hinaus bestehen eine Hüftarthrose, ein multifaktorielles Schmerzsyndrom sowie ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II. Die Klägerin ist unter anderem mit zwei Elektrorollstühlen versorgt, einmal zur Nutzung im Keller sowie einmal zur Nutzung im Erdgeschoss und außer Haus. Sie erhält nach Überleitung aus der Pflegestufe III seit dem 1. Januar 2017 Leistungen nach dem Pflegegrad 4. Der Keller ist nur durch eine steile Treppe erreichbar. Dort befinden sich ein einmal täglich für 15 Minuten genutzter Massagesessel, eine an der Decke fest installierte Hängeschaukel sowie ein Fahrradergometer.
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Liegt nicht vor
An Fußheberteillähmung leidender Versicherter hat Anspruch auf Versorgung mit WalkAide-Myo-Orthese Positive Bewertung durch Gemeinsamen Bundesausschuss bei Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich nicht erforderlich
Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit erforderlichen Hilfsmitteln. Einer positiven Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bedarf es nicht, wenn das Hilfsmittel dem Behinderungsausgleich dient. Hiervon ist auszugehen, wenn der Versicherte an einer Fußheberteillähmung leidet und eine WalkAide-Myo-Orthese das Gehvermögen verbessert. Dies entschied das Hessische Landessozialgericht.
im zugrunde liegenden Verfahren verletzte sich ein 37-jähriger Versicherter bei einem Sportunfall im Bereich der Halswirbelsäule und leidet seitdem an einer Fußheberteillähmung. Dem Mann aus Darmstadt wurde eine WalkAide-Myo-Orthese verordnet. Dieses Gerät zur funktionellen Elektrostimulation bringe durch elektrische Impulse die Wadenmuskulatur zur Kontraktion und ermögliche eine Fußhebung. Die Krankenkasse lehnte die Übernahme der Kosten in Höhe von rund 10.000 Euro mit der Begründung ab, dass es sich hierbei um einen Teil eines ärztlichen Behandlungskonzeptes handele. Diese neue Behandlungsmethode habe der Gemeinsame Bundesausschuss bisher jedoch nicht positiv bewertet. Der Versicherte beschaffte sich die Orthese und klagte gegen die Krankenversicherung auf Kostenerstattung.
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https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=207214
Zusätzlich angebotene Betreuungsleistungen eines Pflegedienstes machen Mietwohnung in einer Seniorenwohnanlage nicht zu Pflegeheim
Das Sozialgericht Karlsruhe hat entschieden, dass eine Bezuschussung von wohnumfeldverbessernden Maßnahmen in Mietwohnungen auch dann nicht ausgeschlossen ist, wenn es sich um betreute Wohneinrichtungen, bzw. Wohnungen in Alten- oder Behindertenwohnheimen handelt, in denen der Betroffene ein Mindestmaß an Selbständigkeit genießt und die keine Pflegeheime i.S.d. SGB XI sind, soweit die Bereitstellung der Wohnung in diesen Wohneinrichtungen nicht zur sozialrechtlichen Leistungserbringung gehört.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist bei der Beklagten pflegeversichert. Sie bewohnt eine Mietwohnung in einer Seniorenwohnanlage, welche von der AWO betrieben wird. Neben dem monatlichen Mietzins hat sie eine Betreuungspauschale in Höhe von etwa 120 Euro zu bezahlen. Nach dem Betreuungsvertrag stellt die AWO hierfür als Gegenleistung gewisse soziale Dienste und Hilfen bei der Organisation von pflegerischen Hilfen zur Verfügung. Nur gegen Zusatzleistungen besteht auch die Möglichkeit (unter anderem) grundpflegerische Hilfen in Anspruch zu nehmen.
Beklagte verweigert Zuschuss für Einbau einer Dusche
Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Gewährung eines Zuschusses für den Einbau einer Dusche. Die Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, dass ein Zuschuss dem Grunde nach nicht zu gewähren wäre, da die Klägerin nach ihrem Mietvertrag eine Betreuungspauschale an die AWO bezahle und es sich bei gewerbsmäßig an Pflegebedürftige vermietetem Wohnraum nicht um eine Wohnung/Haushalt im Sinne des § 40 SGB XI handele.
Begriff des “individuellen Wohnumfeldes” des Pflegebedürftigen umfasst jedes Wohnen in privatem häuslichem Bereich
Die hiergegen gerichtete Klage war vor dem Sozialgericht Karlsruhe erfolgreich. Als Maßnahmen des individuellen Wohnumfeldes können sowohl Maßnahmen an gemietetem Wohnraum oder am Eigentum des Pflegebedürftigen bezuschusst werden. Das individuelle Wohnumfeld ist betroffen, wenn es sich um eine Maßnahme in der Wohnung des Pflegebedürftigen oder zumindest in dem Haushalt, in den er aufgenommen ist und in dem er gepflegt werden soll, handelt. Der Begriff des “individuellen Wohnumfeldes” des Pflegebedürftigen ist nicht auf die vorhandene Wohnung (Mietwohnung, Eigentumswohnung oder Eigenheim) begrenzt, sondern umfasst in Abgrenzung zum dauerhaften Aufenthalt in einer stationären Einrichtung – jedes Wohnen in einem privaten häuslichen Bereich (BSG, Urteil vom 26. April 2001, B 3 P 24/00 R). Insbesondere auch Maßnahmen in betreuten Wohneinrichtungen, Alten- oder Behindertenwohnheimen, in denen der Betroffene ein Mindestmaß an Selbständigkeit genießt und die keine Pflegeheime i.S.d. SGB XI sind, werden nach § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI bezuschusst, soweit die Bereitstellung der Wohnung in diesen Wohneinrichtungen nicht zur sozialrechtlichen Leistungserbringung gehört.
Wohnform der Klägerin ist nicht als dauerhafter Aufenthalt in stationärer Einrichtung einzustufen
Dass es sich im Streitfall um eine Wohnung in einer Seniorenwohnanlage handelt, in der die AWO gewisse Betreuungsleistungen anbietet, schließt den Anspruch nicht aus. Die angebotenen Betreuungsleistungen der AWO machen die Wohnanlage nicht zu einem Pflegeheim. Insbesondere pflegerische Hilfen sind nach dem vorliegenden Betreuungsvertrag nicht zu erbringen. Bei der von der Klägerin in Anspruch genommenen Wohnform handelt es sich daher nicht um den dauerhaften Aufenthalt in einer stationären Einrichtung; vielmehr steht die selbstbestimmte und aktive Lebensgestaltung in der selbst genutzten Mietwohnung im Vordergrund. Die begehrte Maßnahme betrifft daher das individuelle Wohnumfeld der Klägerin.
Keine Rückbaupflicht der Mieterin bei Austausch einer 25 Jahre alten Badewanne durch Step-in-Badewanne
Eine schwerbehinderte Mieterin hat gemäß § 554 a Abs. 1 BGB einen Anspruch darauf, dass ihre Vermieterin dem Einbau einer Step-in-Badewanne zustimmt. Ersetzt diese Badewanne eine über 25 Jahre alte Wanne, so muss die Mieterin auch keine Sicherheit zwecks Rückbaus leisten, da eine solche Verpflichtung nicht besteht. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall mietete ein Ehepaar im Jahr 1989 eine Wohnung an. Der Ehemann ersetzte anschließend die freistehende Badewanne mit Zustimmung der Vermieterin durch eine Einbaubadewanne. Im Juni 2014 bat die nunmehr alleinige Mieterin der Wohnung die Vermieterin darum, die über 25 Jahre alte Einbaubadewanne durch eine ebenerdige Dusche ersetzen zu dürfen. Zur Begründung führte sie ihre Schwerbehinderung an. Die Vermieterin lehnte die Umbaumaßnahme aber ab. Daraufhin beabsichtigte die Mieterin den Einbau einer Step-in-Badewanne. Aber auch diese Baumaßnahme wurde von der Vermieterin abgelehnt. Die Mieterin erhob daraufhin Klage auf Erteilung der Zustimmung.
Anspruch auf Einbau der Step-in-Badewanne aufgrund Schwerbehinderung
Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg entschied zu Gunsten der Mieterin. Ihr habe angesichts der Schwerbehinderung nach § 554 a Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Einbau der Step-in-Badewanne zugestanden. Die Vermieterin habe ihre Zustimmung zum Umbau nicht nach § 554 a Abs. 1 Satz 2 BGB verweigern dürfen. Denn durch die Installation der Step-in-Badewanne sei die Mietsache nur unerheblich verändert worden. Zudem seien die Beeinträchtigungen durch die Bauarbeiten für die anderen Mieter zumutbar gewesen. Schließlich sei ein fach- und sachgerechter Einbau geplant gewesen. Keine Pflicht zur Leistung einer Sicherheit zwecks Rückbaus
Die Vermieterin habe nach Auffassung des Amtsgerichts ihre Zustimmung nicht gemäß § 554 a Abs. 2 BGB von der Leistung einer Sicherheit für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands abhängig machen dürfen. Denn die Mieterin sei angesichts dessen, dass eine über 25 Jahre alte Badewanne ersetzt werden sollte, nicht zum Rückbau verpflichtet gewesen.
Nach § 37 Absatz 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt:
„(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.“
§ 38 wird wie folgt geändert:
a) Dem Absatz 1 werden die folgenden Sätze angefügt:
„Darüber hinaus erhalten Versicherte auch dann Haushaltshilfe, wenn ihnen die Weiterführung des Haushalts wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, nicht möglich ist, längstens jedoch für die Dauer von vier Wochen. Wenn im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist, verlängert sich der Anspruch nach Satz 3 auf längstens 26 Wochen.”
b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:
In Satz 1 wird das Wort „soll” durch das Wort „kann” ersetzt.
In Satz 2 wird die Angabe „Satz 2″ durch die Wörter „Satz 2 bis 4″ ersetzt.
Nach § 39b wird folgender § 39c eingefügt:
Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit Reichen Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Absatz 1a bei schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, nicht aus, erbringt die Krankenkasse die erforderliche Kurzzeitpflege entsprechend § 42 des Elften Buches für eine Übergangszeit, wenn keine Pflegebedürftigkeit im Sinne des Elften Buches festgestellt ist. Im Hinblick auf die Leistungsdauer und die Leistungshöhe gilt § 42 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Elften Buches entsprechend. Die Leistung kann in zugelassenen Einrichtungen nach dem Elften Buch oder in anderen geeigneten Einrichtungen erbracht werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt über das Bundesministerium für Gesundheit dem Deutschen Bundestag bis Ende des Jahres 2018 einen Bericht vor, in dem die Erfahrungen mit der Einführung eines Anspruchs auf Leistungen nach dieser Vorschrift wiedergegeben werden.”
Ausreichender Vermieterschutz durch Sonderkaution
Trotz bestehender Mietrückstände kann ein Mieter von seinem Vermieter gemäß § 554 a Abs. 1 BGB die Genehmigung zum behinderten¬gerechten Umbau des Bades verlangen. Der Vermieter wird ausreichend durch die Möglichkeit einer Sonderkaution gemäß § 554 a Abs. 2 BGB geschützt. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Flensburg hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall wollte die Mieterin einer Wohnung aufgrund ihrer Wirbelsäulenerkrankung das Bad zu einem Duschbad umbauen, welches ohne Schwellen genutzt werden konnte. Die Vermieterin weigerte sich unter Hinweis auf Mietrückstände wegen einer Mietminderung den behindertengerechten Umbau zu genehmigen. Die Mieterin hielt dies für unzulässig und erhob daher Klage.
Anspruch auf Genehmigung zum Umbau bestand
Das Amtsgericht Flensburg entschied zu Gunsten der Mieterin. Ihr habe gemäß § 554 a Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Umbau des Bades zugestanden. Die Vermieterin habe die Genehmigung nicht von dem Ausgleich der Mietrückstände abhängig machen dürfen.
Ausreichender Schutz durch Sonderkaution
Ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB habe der Vermieterin nicht zugestanden. Denn sie sei bereits ausreichend durch § 554 a BGB geschützt gewesen. So habe sie eine Sonderkaution verlangen dürfen, um eventuelle Rückbaukosten abdecken zu können. Ein darüber hinausgehender Schutz sei nicht notwendig gewesen.
Quelle: Kostenlose Urteile