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    Sonstige Urteile

    BSG: Keine strengen Anforderungen an den Wohngruppenzuschlag zugunsten pflegebedürftiger Menschen

    BundessozialgerichtUrteil vom 10.09.2020
    – B 3 P 2/19 R, B 3 P 3/19 R und B 3 P 1/20 R –

    BSG: Keine strengen Anforderungen an den Wohngruppenzuschlag zugunsten pflegebedürftiger Menschen

    Kein Wohngruppenzuschlag bei (verkappte) vollstationäre Versorgungsform

    Das Bundes­sozial­gerichts hat in drei Revisionsverfahren über den Anspruch auf einen Wohngruppenzuschlag nach § 38 a Sozialgesetzbuch Elftes Buch – SGB XI – für pflegebedürftige Bewohner von Wohngruppen entschieden. Die sämtlich den Zuschlag ablehnenden Urteile der Landes­sozia­lgerichte sind aufgehoben worden. Das Bundessozialgericht misst dem gesetzlichen Ziel der Leistung, ambulante Wohnformen pflegebedürftiger Menschen unter Beachtung ihres Selbst­bestimmungs­rechts zu fördern, hohe Bedeutung bei und hält einen strengen Maßstab für die Anforderungen an den Wohngruppenzuschlag nicht für gerechtfertigt.

    Schwerbehinderter Prüfling hat keinen Anspruch auf persönliche Assistenz

    Verwaltungsgericht Gießen, Urteil vom 19.11.2019
    – 8 K 3432/17.GI –

    Schwerbehinderter Prüfling hat keinen Anspruch auf persönliche Assistenz

    VG Gießen zu den Grenzen von Prüfungs­erleichterungen für schwerbehinderte Prüflinge

    Das Verwaltungsgerichts Gießen hat die Klage eines schwerbehinderten Prüflings abgewiesen, der für seine Abschlussprüfung zum Verkäufer als Nachteilsausgleich eine persönliche Assistenz begehrt, die für ihn Prüfungsfragen in sog. einfache Sprache überträgt und ihm Unterstützung bei der Formulierung seiner Antworten auf diese Fragen gibt.

    Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger, der nach einer Hirnblutung an den Folgeschäden einer Gesichtsfeldeinschränkung und einer Sprachstörung (Aphasie) leidet, hatte in der Vergangenheit für seine schriftlichen Prüfungen bereits Zeitverlängerungen um ein Drittel der Prüfungszeit erhalten, die die Industrie- und Handelskammer nach einem der mündlichen Verhandlung vorausgegangenen Erörterungstermin vor dem Gericht auf 50 % der Prüfungszeit verlängert hatte. Außerdem wurden die Prüfungsaufgaben für ihn optisch vergrößert.

    Sollten Sie noch weitere Fragen haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

    Weiterlesen:

    https://www.kostenlose-urteile.de/VG-Giessen_8-K-343217GI_Schwerbehinderter-Pruefling-hat-keinen-Anspruch-auf-persoenliche-Assistenz.news28191.htm

    Volltext:

    Liegt nicht vor

    Sperrzeit bei Aufgabe des Arbeitsplatzes zur Pflege eines nahen Angehörigen

    Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 28.06.2019
    – 11 AL 1152/19 –

    Sperrzeit bei Aufgabe des Arbeitsplatzes zur Pflege eines nahen Angehörigen

    Zur Anerkennung eines wichtigen Grundes nach § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB III für Arbeitsplatzaufgabe bei der Pflege eines nahen Angehörigen

    Die Aufgabe eines Arbeitsplatzes aus persönlichen Belangen, insbesondere bei der Notwendigkeit zur Pflege eines nahen Angehörigen kann ausnahmsweise einen wichtigen Grund darstellen. Bei der Beurteilung, ob ausnahmsweise persönliche Belange die Interessen der Versichertengemeinschaft an der Aufrechterhaltung des Arbeits­verhältnisses überwiegen, sind jedoch sämtliche Beweggründe und Umstände des Einzelfalles zu würdigen. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe hervor.

    Weiterlesen:

    https://www.kostenlose-urteile.de/SG-Karlsruhe_11-AL-115219_Sperrzeit-bei-Aufgabe-des-Arbeitsplatzes-zur-Pflege-eines-nahen-Angehoerigen.news28186.htm

    Volltext:

    https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=209305

    ADHS-Erkrankung im Erwachsenenalter berechtigt nicht zum Prüfungsrücktritt

    Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.11.2019
    – 14 A 2071/16 –

    ADHS-Erkrankung im Erwachsenenalter berechtigt nicht zum Prüfungsrücktritt

    Krankheit ist als Dauerleiden anzusehen und stellt somit keine zum Prüfungsrücktritt berechtigende Erkrankung dar

    Das Ober­verwaltungs­gericht Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass eine ADHS-Erkrankung (Aufmerksamkeits­defizit-/Hyper­aktivitäts­störung) im Erwachsenenalter prüfungsrechtlich ein Dauerleiden ist und deshalb nicht zum Rücktritt von Prüfungen berechtigt.

    Im zugrunde liegenden Verfahren war der im Studiengang Bachelor of Laws eingeschriebene Kläger nach Diagnostizierung dieser Erkrankung von erfolglosen Prüfungsversuchen zurückgetreten und wollte neue Prüfungschancen gewährt bekommen. Seine Berufung hatte keinen Erfolg.

    Weiterlesen:

    https://www.kostenlose-urteile.de/OVG-Nordrhein-Westfalen_14-A-207116_ADHS-Erkrankung-im-Erwachsenenalter-berechtigt-nicht-zum-Pruefungsruecktritt.news28138.htm

    Volltext:

    http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2017/14_A_2071_16_Urteil_20170221.html

    Zum Anspruch eines Versicherten gegen die Krankenkasse auf Versorgung

    Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 11.10.2019
    – S 9 KR 795/18 –

    Zum Anspruch eines Versicherten gegen die Krankenkasse auf Versorgung mit PET-CT bei einem Prostatakarzinom

    Krankenkasse darf Versicherten nicht auf eingriffs­intensivere Behandlungsmethode verweisen

    Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat entschieden, dass ein Versicherter nach Behandlung eines Prostatakarzinoms Anspruch auf Versorgung mit einer Positronen-Emissions-Tomographie in Kombination mit einer Computertomographie (PET-CT) zur Aufklärung bei Verdacht neuer Metastasen im Bereich der Prostata hat. Das Gericht verwies darauf, dass die Krankenkasse den Versicherten nicht auf eine neben der Unter­suchungs­methode bestehende eingriffs­intensivere Behandlungsmethode verweisen darf.

    Weiterlesen:

    https://www.kostenlose-urteile.de/SG-Karlsruhe_S-9-KR-79518_Zum-Anspruch-eines-Versicherten-gegen-die-Krankenkasse-auf-Versorgung-mit-PET-CT-bei-einem-Prostatakarzinom.news28143.htm

    Volltext:

    https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=209313

    Eigen­bedarfs­kündigung und Härteeinwand: Räumungsunfähigkeit eines an Demenz erkrankten Wohnungsmieters

    Landgericht Essen, Urteil vom 20.09.2018
    – 10 S 84/17 –

    Eigen­bedarfs­kündigung und Härteeinwand: Räumungsunfähigkeit eines an Demenz erkrankten Wohnungsmieters

    Drohende Verschlechterung des Gesundheitszustands wegen Umzugs

    Gegen eine Eigen­bedarfs­kündigung ist der Härteeinwand nach § 574 Abs. 1 BGB gegeben, wenn der Wohnungsmieter an Demenz erkrankt ist und durch den Umzug eine Verschlechterung des Gesundheitszustands droht. In diesem Fall besteht eine Räumungsunfähigkeit. Dies hat das Landgericht Essen entschieden.

    In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Vermieter eine berechtigte Eigenbedarfskündigung ausgesprochen. Die Mieter der Wohnung, ein älteres Ehepaar, haben dagegen einen Härtewiderspruch erhoben. Sie führten an, dass dem Ehemann aufgrund seiner Demenzerkrankung eine Umgewöhnung in eine neue Wohnung nicht zumutbar sei. Der Vermieter hielt dies für unzutreffend und erhob Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Das Amtsgericht Hattingen gab der Klage statt. Dagegen richtet sich die Berufung der Mieter.

    Weiterlesen:

    https://www.kostenlose-urteile.de/LG-Essen_10-S-8417_Eigenbedarfskuendigung-und-Haerteeinwand-Raeumungsunfaehigkeit-eines-an-Demenz-erkrankten-Wohnungsmieters.news27916.htm

    Volltext:

    http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=204401&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1

    Fristlose Kündigung wegen gefälschter Pflegedokumentation wirksam

    Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 07.08.2019
    – 3 Ca 992/19 –

    Fristlose Kündigung wegen gefälschter Pflegedokumentation wirksam

    Arbeitgeber muss auf korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können

    Macht eine Pflegekraft in der Pflegedokumentation vorsätzlich Falschangaben und trägt ein, bei einer Patientin in der Wohnung gewesen zu sein, obwohl sie nur telefonischen Kontakt zur Patientin hatte, kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein. Dies entschied das Arbeitsgericht Siegburg.

    Weiterlesen:

    https://www.kostenlose-urteile.de/ArbG-Siegburg_3-Ca-99219_Fristlose-Kuendigung-wegen-gefaelschter-Pflegedokumentation-wirksam.n27196.htm

    Volltext:

    Liegt noch nicht vor.

    Auflösung des Arbeits­verhältnisses zur Pflege der schwerbehinderten und pflegebedürftigen Mutter stellt kein sozialwidriges Verhalten dar

    Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 12.12.2018
    – L 13 AS 162/17 –

    Auflösung des Arbeits­verhältnisses zur Pflege der schwerbehinderten und pflegebedürftigen Mutter stellt kein sozialwidriges Verhalten dar

    Dreimal täglich anfallende Pflege bei Arbeit im Schichtsystem auf Abruf mit variablen Zeiten nicht realisierbar

    Löst eine Angestellte das Arbeitsverhältnis mit ihrem Arbeitgeber auf, um ihre schwerbehinderte und pflegebedürftige Mutter pflegen zu können, stellt dies nicht zwingend ein sozialwidriges Verhalten dar. Zwar sind selbst bei einer Pflegestufe II Arbeitszeiten von bis zu sechs Stunden pro Tag zumutbar. Bei einer Arbeit im Schichtsystem auf Abruf mit variablen Zeiten, bei denen die Einsatzzeiten erst vier Tage vor dem Einsatz mitgeteilt werden, ist jedoch eine dreimal täglich anfallende Pflege nicht zu realisieren. Dies geht aus einer Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen hervor.

    Im zugrunde liegenden Fall lebte ein 38-jähige Frau gemeinsam mit ihrer schwerbehinderten und pflegebedürftigen Mutter in einem gemeinsamen Haushalt im Landkreis Osterholz. Sie hatte eine Vollzeitstelle als Hallenaufsicht am Bremer Flughafen angenommen und wollte Stewardess werden. Zugleich kümmerte sie sich um die Pflege ihrer Mutter. Nachdem sich deren Gesundheitszustand durch einen Rippenbruch verschlechtert hatte, konnte sie Arbeit und Pflege nicht mehr vereinbaren und schloss daraufhin mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag. Vom Jobcenter bezog sie Grundsicherungsleistungen (Hartz IV).

    Weiterlesen:

    https://www.kostenlose-urteile.de/LSG-Niedersachsen_L-13-AS-16217_Aufloesung-des-Arbeitsverhaeltnisses-zur-Pflege-der-schwerbehinderten-und-pflegebeduerftigen-Mutter-stellt-kein-sozialwidriges-Verhalten-dar.news26918.htm?sk=1223c9b748fb2848cc8f40ca2a14f46f

    Urteil:

    https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=204123

    Berechtigung des Bevollmächtigten zu Verfügungen über Sparkonto bei Vorlage einer entsprechenden Vorsorgevollmacht

    Landgericht Detmold, Urteil vom 14.01.2015
    – 10 S 110/14 –

    Berechtigung des Bevollmächtigten zu Verfügungen über Sparkonto bei Vorlage einer entsprechenden Vorsorgevollmacht

    Keine Notwendigkeit zur Vorlage einer Bankvollmacht

    Berechtigt eine Vorsorgevollmacht dem Bevollmächtigten dazu, alle vermögens­rechtlichen Angelegenheiten zu regeln, so kann er über das Sparkonto des Vollmachtgebers verfügen. Die Vorlage einer Bankvollmacht ist nicht erforderlich. Dies hat das Landgericht Detmold entschieden.

    Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2002 wurde einem Mann wirksam eine Vorsorgevollmacht erteilt. Diese berechtigte ihn dazu, die Vollmachtgeberin in allen vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten. Aufgrund dieser Vollmacht wollte der Bevollmächtigte im Mai 2013 zu Lasten des Sparkontos der Vollmachtgeberin eine Überweisung tätigen. Die Bank machte die Ausführung der Zahlungsanweisung jedoch von der Vorlage einer Bankvollmacht abhängig. Der Bevollmächtigte hielt dies für nicht notwendig und beauftragte einen Rechtsanwalt, um gegen die Bankvorzugehen. Die dadurch entstanden Kosten in Höhe von fast 2.580 Euro verlangte er von der Bank ersetzt und erhob folglich Klage. Das Amtsgericht Lemgo wies seine Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Bevollmächtigten.

    Schadenersatzpflicht der Bank wegen verlangter Bankvollmacht Das Landgericht Detmold entschied zu Gunsten des Bevollmächtigten und hob daher die erstinstanzliche Entscheidung auf. Ihm habe nach § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Schadenersatz in Höhe der Rechtsanwaltskosten gegen die Bank zugestanden. Diese sei angesichts der Vorsorgevollmacht nicht berechtigt gewesen, die Ausführung der Zahlungsanweisung von der Vorlage einer Bankvollmacht abhängig zu machen. Die Vollmacht habe den Bevollmächtigten berechtigt, über das Sparkonto zu verfügen. Etwas anderes könne zwar gelten, wenn die Vorsorgevollmacht gefälscht, widerrufen, eingeschränkt oder abgeändert worden sei. Dies sei aber nicht der Fall gewesen.

    Bei den Eltern oder in einer Wohngemeinschaft lebende Menschen mit Behinderung haben Anspruch auf Sozialhilfe-Regelsatz von 100 %

    Bundessozialgericht, Urteil vom 23.07.2014
    – B 8 SO 14/13 R, B 8 SO 31/12 R und B 8 SO 12/13 R –

    BSG bejaht Regelbedarfsstufe 1 bei gemeinsamer Haushaltsführung mit Eltern oder Personen, die nicht der Partner sind

    Volljährigen Sozial­hilfe­empfängern mit Behinderungen steht auch dann ein Anspruch auf den Regelbedarf der Regelbedarfsstufe 1 (100 %) zu, wenn sie bei ihren Eltern oder in einer Wohngemeinschaft leben. Für die Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 1 ist damit nicht entscheidend, dass ein eigener Haushalt vollständig oder teilweise geführt wird; es genügt vielmehr, dass der Leistungs­berechtigte einen eigenen Haushalt gemeinsam mit einer Person – gegebenenfalls mit Eltern oder einem Elternteil – führt, die nicht sein Partner ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­sozial­gerichts hervor. Die drei zugrunde liegenden Verfahren wurden allerdings vom Bundessozialgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen, weil es an ausreichenden tatsächlichen Feststellungen für eine endgültige Entscheidung über einen höheren Anspruch der jeweiligen Kläger mangelte.

    Seit 1. Januar 2011 erhalten Sozialhilfeempfänger gemäß § 27 a Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) in Verbindung mit der Anlage zu § 28 SGB XII nur noch Leistungen für den Lebensunterhalt – im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt ebenso wie bei den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung – in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 (80 %), wenn sie als erwachsene leistungsberechtigte Person weder einen eigenen Haushalt noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen. Entgegen weit verbreiteter Ansicht in der sozialhilferechtlichen Praxis geht der Gesetzgeber dabei jedoch davon aus, dass erwachsenen Personen bei gemeinsamem Haushalt jeweils der Regelbedarf der Regelbedarfsstufe 1 (100 %) zusteht. Für die Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 1 ist damit nicht entscheidend, dass ein eigener Haushalt vollständig oder teilweise geführt wird; es genügt vielmehr, dass der Leistungsberechtigte einen eigenen Haushalt gemeinsam mit einer Person – gegebenenfalls mit Eltern oder einem Elternteil – führt, die nicht sein Partner ist. Lediglich wenn keinerlei Haushaltsführung beim Zusammenleben mit einer anderen Person festgestellt werden kann, ist ein Anwendungsfall der Regelbedarfsstufe 3 denkbar. Eine andere Auslegung verstieße, nachdem der Gesetzgeber mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2011 das Modell eines Haushaltsvorstandes mit der Zuordnung eines höheren Regelbedarfs von 100 % aufgegeben hat, gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil bei gemeinsamer Haushaltsführung jede Person nur noch Leistungen zum Lebensunterhalt nach der Regelbedarfsstufe 3 (80 %) und keiner nach der Regelbedarfsstufe 1 (100 %) wie in den sonstigen gesetzlichen Konstellationen erhielte.

    Individuelle Fähigkeit der Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft nicht ausschlaggebend

    Anknüpfungspunkt für die Qualifizierung einer gemeinsamen Haushaltsführung beim Zusammenleben von erwachsenen Personen ist dabei nicht die individuelle Fähigkeit der Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft, einen Haushalt auch ohne Unterstützungsleistungen eines anderen allein meistern zu können; vielmehr ist ausreichend die Beteiligung an der Haushaltsführung im Rahmen der jeweiligen geistig-seelischen und körperlichen Leistungsfähigkeit. Ansonsten würden bestimmte Lebens- und Wohnformen schlechter gestellt als andere, ohne dass hierfür eine sachliche Rechtfertigung ersichtlich wäre. Dies verdeutlicht das Beispiel des Zusammenlebens behinderter und deshalb in ihren körperlichen Funktionen, geistigen Fähigkeiten oder der seelischen Gesundheit eingeschränkter Menschen in einer gemeinsamen Wohnung. Hätte keine dieser Personen die Fähigkeit, einen Haushalt ohne Unterstützung durch andere zu führen, oder wären sie im Fall des Ambulant-betreuten-Wohnens auf die Unterstützung Dritter, die nicht ständig im Haushalt leben, angewiesen, läge bei keinem Mitglied eine eigene Haushaltsführung vor und für keine dieser Personen käme die Regelbedarfsstufe 1 in Betracht.

    Zur Vermutung einer gemeinsamen Haushaltsführung

    § 39 Satz 1 SGB XII enthält ergänzend die Vermutung einer gemeinsamen Haushaltsführung, wenn eine nachfragende Person gemeinsam mit einer anderen Person in einer Wohnung oder in einer entsprechenden anderen Unterkunft lebt; die Anwendung dieser gesetzlichen Vermutungsregelung gilt auch bei Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und insbesondere für behinderte und pflegebedürftige Menschen, die von Personen, mit denen sie zusammenleben, betreut werden, damit auch für das Zusammenleben behinderter erwachsener Menschen mit ihren Eltern bzw. einem Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt. Auch in dieser Konstellation ist typisierend davon auszugehen, dass dem Behinderten im Rahmen seiner geistigen und körperlichen Fähigkeiten ein selbstständiges Leben ermöglicht wird. Im Einzelfall kann die Vermutung, dass es sich bei dem Zusammenleben in einer Wohnung um ein gleichberechtigtes Zusammenleben handelt, damit nicht bereits dadurch erschüttert werden, dass eine Person gegenüber der anderen eine geringere körperliche, geistige oder seelische Leistungsfähigkeit besitzt. Nur wenn keinerlei gemeinsamer Ablauf im Zusammenleben festzustellen wäre, kann Grund für die Annahme bestehen, eine Person führe keinen eigenen Haushalt; dafür trüge indes der Sozialhilfeträger die Beweislast.

    Hinweise zur Rechtslage

    § 27 a Abs. 3 SGB XII i.V.m. der Anlage zu § 28 SGB XII

    […]

    (3) Zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, sind monatliche Regelsätze zu gewähren. Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

    […]

    Anlage zu § 28 SGB XII (zu § 28)

    Regelbedarfsstufen nach § 28 in Euro (gültig ab 1. Januar 2014)

    Regelbedarfsstufe 1(391 Euro):

    Für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die als alleinstehende oder alleinerziehende Person einen eigenen Haushalt führt; dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind.

    Regelbedarfsstufe 2 (353 Euro):

    Für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen.

    Regelbedarfsstufe 3 (313 Euro):

    Für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die weder einen eigenen Haushalt führt, noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt.

    Regelbedarfsstufe 4 (296 Euro):

    Für eine leistungsberechtigte Jugendliche oder einen leistungsberechtigten Jugendlichen vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres.

    Regelbedarfsstufe 5 (261 Euro):

    Für ein leistungsberechtigtes Kind vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres.

    Regelbedarfsstufe 6 (229 Euro):

    Für ein leistungsberechtigtes Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.

    Kostenlose Urteile

    Anspruch auf Pflegehilfe auch während Krankenhausaufenthalts

    Auch während eines stationären Krankenhausaufenthalts kann ein Pflegebedürftiger Anspruch auf eine Pflegehilfe haben. Voraussetzung ist, dass die angestellten Pfleger im Krankenhaus diesen Pflegeaufwand nicht leisten können. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Grundsatzentscheidung des Sozialgerichts München (Az.: S 32 SO 473/10).

    Der Fall: Die Patientin leidet an einer schweren Form der Spastik. Sie nimmt unter anderem eine häusliche Pflege mit einer Grundpflege von gut fünf Stunden pro Tag und einer Pflegebereitschaft von täglich bis zu 16 Stunden in Anspruch. Als sie turnusmäßig für einige Tage in stationäre Behandlung musste, beantragte sie die Begleitung eines Pflegeassistenten. Die Übernahme der Kosten wurde abgelehnt.

    Das Urteil: Vor Gericht hatte die Frau Erfolg. Krankenpfleger in Kliniken seien mit den besonders hohen Bedürfnissen schwerstpflegebedürftiger Patienten häufig überfordert. Aus Zeitmangel könnten sie die notwendige Pflege nicht leisten. Das habe das Krankenhaus auch bestätigt. Die Frau sei daher bei der Therapie auf die Unterstützung einer Pflegeassistenz angewiesen. Somit müssen ihr die Kosten dafür erstattet werden.

    WG für Demenzkranke kann auch als Heim gelten

    Gegen das Urteil vom 21. August 2013 (VG 14 K 80.12)
    ist der Antrag auf Zulassung der Berufung an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zulässig.

    Wer Apartments an Demenzkranke vermietet und deren Pflege faktisch an einen bestimmten Pflegedienst koppelt, betreibt eine stationäre Einrichtung im Sinne des Berliner Heimrechts. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.

    Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hauses in Berlin-Charlottenburg, wie die Berliner Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz online meldet. In zwei Etagen dieses Hauses sind jeweils elf Apartments an pflegebedürftige, an Demenz erkrankte Personen vermietet. Nach Ansicht des Landesamtes für Gesundheit und Soziales betreibt die Vermieterin eine stationäre Einrichtung, weil die Kosten für Serviceleistungen, die die Bewohner von ihr beziehen müssen, die Bruttomiete um mehr als 20 % überstiegen; im Übrigen seien die Mieter auch faktisch gezwungen, sich von einem bestimmten, mit der Vermieterin kooperierenden Pflegedienst versorgen zu lassen. Gegen diese Feststellung wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage, mit der sie geltend machte: Die zugrunde gelegte 20 %-Grenze sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Sie selbst sei jedenfalls nur geringfügig zu Betreuungsleistungen verpflichtet; die wesentliche Betreuung rund um die Uhr werde vom Pflegedienst erbracht. Die freie Wahl des Pflegedienstes sei gewährleistet.

    Die 14. Kammer des Verwaltungsgerichts bestätigte den Bescheid des Beklagten. Die Vermietung der insgesamt 22 Appartements und die Leistung des Pflegedienstes seien voneinander abhängig. Wie bei Pflegeheimen seien die Bewohner in doppelter Hinsicht an ihren Aufenthalt und ihre Pflege gebunden und müssten als besonders schutzbedürftig gelten. Die Konsequenz ist, dass sie der “Heimaufsicht” des Landesamtes für Gesundheit und Soziales unterliegen und strengere Vorgaben für die dortige Pflege und die Räumlichkeiten gelten.

    Investitionsaufwendungen für Pflegedienste im Bereich ambulante Hilfe zur Pflege

    ab dem 01. Januar 2013 (Quelle: berlin.de)

    Aufgrund gestiegener Kosten machen künftig auch in Berlin die Pflegedienste von der gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, betriebsnotwendige Investitionskosten nach § 82 Absatz 4 SGB XI abzurechnen. Das In-Rechnung-Stellen von Investitionskosten ist seitens der stationären Pflegeeinrichtungen bereits bekannt.

    Die Pflegedienste können – ebenso wie die stationären Pflegeeinrichtungen – nach § 82 Absatz 4 SGB XI ihre gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen auf die Pflegebedürftigen umlegen. Bei den gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen handelt es sich um die Entgelte zur Deckung der Miet- und Leasingkosten des Pflegedienstes (z.B. Räumlichkeiten, Autos), der Abschreibungen auf die Inventargegenstände und der Aufwendungen für Instandhaltung/Instandsetzung (z.B. Reparatur der Autos).

    Ab 01.01.2013 können die Berliner Pflegedienste nach § 75 Absatz 3, Absatz 5 SGB XII mit der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung zur Finanzierung der Investitionskosten Zuschläge auf die gemäß § 89 SGB XI vereinbarten Pflegevergütungen sowie auf die Vergütungen nach SGB XII (LK 31 – LK 38) vereinbaren.

    Voraussichtlich wird sich die Mehrzahl der Pflegedienste für das von der zuständigen Senatsverwaltung angebotene Verfahren eines pauschalierten Zuschlages von 2,5 % auf den Gesamtbetrag für die Pflegeleistungen entscheiden.

    Pflegedienste haben aber auch die Möglichkeit, Investitionsbeträge individuell mit der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung zu verhandeln. In diesen Fällen kann der „Zuschlag“ für Investitionskosten unterschiedlich ausfallen. Voraussichtlich werden 2013 nur wenige Pflegedienste davon Gebrauch machen.

    Die Vereinbarungen nach § 75 Absatz 5 SGB XII sind Grundlage für die Zahlung durch den Träger der Sozialhilfe.

    Ziffer 6.2 des Rundschreibens I Nr. 4/2005 über Ambulante Versorgung Hilfe- und Pflegebedürftiger vom 10. Februar 2005 ist insofern zu berichtigen, als es künftig Vereinbarungen nach § 75 Absatz 5 SGB XIIzwischen Pflegediensten und der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung geben wird, auf deren Grundlage die Dienste gegenüber dem Träger der Sozialhilfe abrechnen können.

    Ergänzend: Gegenüber Selbstzahlern dürfen Pflegedienste nur dann höhere Investitionskosten als in den Vereinbarungen nach § 75 SGB XIIberechnen, wenn sie diese der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung vorher mitgeteilt haben (§ 82 Absatz 4 Satz 2 SGB XI).

    Verfahren

    Der Investitionsbetrag wird auf alle in Rechnung gestellten Leistungen des Pflegedienstes aufgeschlagen und ist in der Rechnung auch gesondert auszuweisen. Der Investitionskostenbetrag bezieht sich also auf den Gesamtrechnungsbetrag und wird nach Abzug der Pflegekassenleistung zum Eigenanteil (Pflegeleistungen) hinzuaddiert. Er fällt unter die Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des SGB XII.

    Aus technischen Gründen ist es zurzeit noch nicht möglich, die Höhe des Zuschlags für Investitionskosten in OPEN/ PROSOZ zu hinterlegen. Der mit dem jeweiligen Pflegedienst vereinbarte prozentuale Investitionszuschlag wird den Bezirksämtern von Berlin im Intranet unter LINK zur Verfügung gestellt.

    Die Liste wird erstmals zum 1. Februar 2013 veröffentlicht und monatlich aktualisiert.

    1. Beispiel:

    Rechnungsbetrag für einen Monat des Pflegedienstes für Pflegeleistungen insgesamt (Summe):

    1.100,00 Euro

    Rechnungsbetrag für Investitionen (z.B. Zuschlag 2,5%):

    27,50 Euro

    Leistungen des SGB XI (Pflegegrad II):

    1.100,00 Euro

    Eigenanteil (ggf. zu übernehmen vom Sozialhilfeträger):

    27,50 Euro

    2. Beispiel:

    Rechnungsbetrag für einen Monat des Pflegedienstes für Pflegeleistungen insgesamt (Summe):

    2.150,00 Euro

    Rechnungsbetrag für Investitionen (z.B. Zuschlag 2,5%):

    53,75 Euro

    Leistungen des SGB XI (Pflegegrad III):

    1.550,00 Euro

    Eigenanteil (Pflegeleistungen):

    600,00 Euro

    Eigenanteil (Rechnungsbetrag für Investitionen):

    + 53,75 Euro

    Eigenanteil gesamt (ggf. zu übernehmen vom Sozialhilfeträger):

    653,75 Euro